Jeschowschtschina
Alexander JAKOWLEW, Redenschreiber Chruschtschows und Breschnews, zum Mitbegründer von Glasnost und Perestroika mutiert, in seinem Werk „Die Abgründe meines Jahrhunderts“: „Warum haben so viel von uns dem Banditentum der Machtinstanzen applaudiert und geglaubt, man müsse nur die,Volksfeinde’, ihre Kinder und Kindeskinder vernichten, um das Glück zu erlangen?“
Fragen wir einen, der es wissen müsste: Nikolai Iwanowitsch BUCHARIN.
Als Bolschewik der ersten Stunde gehörte er bereits 1919 zum siebenköpfigen – davon vier Juden – Politbüro und war laut LENIN nicht nur der „Liebling der ganzen Partei“, sondern auch ein „überaus wertvoller und bedeutender Theoretiker“. Dass LENIN für sich und seine Bolschewiki eine „durch nichts beschränkte, durch keine Gesetze und absolut keine Regeln eingeengte, sich unmittelbar auf Gewalt stützende Macht“ forderte und errichtete, lief BUCHARINS Theorie von der Errichtung des Arbeiter- und Bauern-Paradieses keineswegs zuwider. Im Gegenteil: In der führenden Parteizeitung PRAWDA, deren Herausgeber er war, konnte man am 31. August 1918 lesen „Die Hymne der Arbeiterklasse wird von nun an das Lied des Hasses und der Rache sein.“
In diese Hymne stimmte der Dichter, Denker und Autor BUCHARIN aus voller Kehle ein, als er 1925 erklärte: „Die Partei gelangte an die Macht, indem sie über Leichen ging, dafür muss man nicht nur gestählte Nerven haben, sondern auch das auf marxistischer Analyse beruhende Wissen über die Wege zeigen, die uns die Geschichte zuweist.“ Seine gestählten Nerven ließen ihn jedoch im Stich, als er sich vor dem Februar-März-Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion 1937 gegen den Vorwurf, Trotzkist zu sein, zu rechtfertigen versuchte: „Genossen, ich flehe euch an, mich nicht zu unterbrechen, denn es ist schwer für mich, es fällt mir ganz einfach physisch schwer zu sprechen.“ Als aber kurz zuvor seine langjährigen Genossen, LENINS Kampfgefährten KAMENEW und SINOWJEW, erschossen wurden, war er noch flinker Zunge, indem er dem Schauprozess-Regisseur WYSCHINSKI gestand: „Ich bin schrecklich froh, dass man diese Hunde erschossen hat.“
Umgebracht wurden auch zwei Drittelder 1200 Delegierten des 1937-er Partei-Plenums, das zu den absurdesten Treffen der Menschheitsgeschichte gehört; erreicht allein vom XVII. Parteitag der KPdSU vom Februar 1934, auf dem STALIN verkündete, die Sowjetunion habe als Industriestaat die Fesseln der Rückständigkeit abgeworfen. Von den 1.966 Delegierten wurden in den folgenden fünf Jahren 1.108 hingerichtet.
Als man BUCHARIN im März 1937, unter anderem wegen, absurder ging es nicht, Spionage festnahm, bewahrte er vorerst die Nerven und verfasste eine Ode an Stalin in sieben Gesängen:„Und kraftvoll verleiht er gewaltige Stärke dem Monument eines neuen, triumphierenden Lebens“ und versuchte seiner Verhaftung einen Sinn zugeben: „Es existiert irgendeine große und kühne politische Idee einer generellen Säuberung a) im Zusammenhang mit einer Vorkriegszeit, b) im Zusammenhang mit dem Übergang zur Demokratie. Diese Säuberung erfasst a) Schuldige, b) Verdächtige c) potenziell Verdächtige. Dabei konnte man ohne mich nicht auskommen,“ da „große Pläne, großeIdeen und große Interessen über allem stehen, und es wäre kleinlich, angesichtsder welthistorischen Aufgaben, die vor allem auf Deinen (STALINS) Schultern lasten, die Frage nach der eigenen Person aufzuwerfen.“ Die warf er dann doch auf, indem er winselte: „Ich flehe Dich (STALIN) inbrünstig an, mir zu erlauben, zu Dir zu kommen und Dich zu sehen…“ um „einen unschuldigen Mann zu retten, der wegen der Taktik des Feindes in eine Notlage geraten ist.“
In eine Notlage geriet auch der Schreibtischmörder und Erzkommunist, der in die Sowjetunion emigrierte Deutsch-Jude Karl RADEK, der anlässlich seiner Verhaftung in seiner Moskauer Stadtwohnung vom 16. September 1936 aus dem Innersten aufjaulte: „Nach all dem, was ich für Stalin getan habe!“
Weder BUCHARIN noch RADEK, begriffen, dass es, ihrer Stellung geschuldet, nur STALIN selbst sein konnte, der sie, seine bis in den Tod Getreuen, verhaften, foltern und ermorden ließ. Nicht trotz dessen, was sie für STALIN taten, sondern weil sie es für ihn taten, wurden BUCHARIN, RADEK aber auch Geheimpolizeichef JESCHOW, der der Großen Säuberung ihren Namen gab, Opfer ihrer eigenen Blutrausch-Mordmaschine.
Dafür ist Schaden- die einzige verbliebene Freude in dieser Zeit unfassbaren Grauens, zu der dieLeningrader Marionettentheater-Spielerin Lubow WassiljewnaSCHAPORINA in ihrem Tagebuch am16. Oktober 1937 festhielt: „Übelkeit steigt in mir auf, wenn ich gleichgültig erzählen höre: Der ist erschossen, jener ist erschossen, erschossen, erschossen. Dies Wort liegt immer in der Luft. Die Menschen sprechen es vollkommen ruhig aus. Als wollten sie sagen: Er ging ins Theater.“
Theater machten sie nicht, die, 30.000 hingerichtete Offiziere der Roten Armee: fast die Hälfte des gesamtenKorps. Kriegstodesraten im tiefsten Frieden. Je höher – je toter: drei von fünf Marschällen, 13 von 15 Armeekommandeuren, 57 von 85 Korpskommandeuren und 110 von 195 Divisionskommandeuren. Waffenstarre Kaninchen vor einer irren Schlange, der es, statt zertreten zu werden, gelang, dem zum Erzfeind verteufelten Roter-Armee-Gründer Trotzki im ferne Mexiko mit einem Eispickel abstechen zu lassen, um 1953, es gibt keinen gerechten Gott, eines natürlichen Todes zu sterben.
Die bleierne Trauer, die sich wie ein Grabtuch über die DDR legte, gehört zu meinen frühesten Kindheitserinnerungen. Johannes R. BECHER, Schriftsteller, später Kulturminister:
Seht! Über Stalins Grab die Taube kreist,
Denn Stalin: Freiheit – Stalin: Frieden heißt!
Und aller Ruhm der Welt wird Stalin heißen
Laßt uns den Ewig-Lebenden lobpreisen!
Es war Nikita CHRUSCHTSCHOW, der 1956, durch seine Rede auf dem XX. Parteitag der KPdSU den Ewig-Lebenden zur Hölle schickte, nicht ohne – Tradition verpflichtet – dessen letzten Geheimdienst-Chef, Lawrenti BERIA, erschießen zu lassen.
Russland und seine Satelliten haben sich von der Jeschowschtschina, dieser apokalyptischen Heimsuchung, die sich rationaler Deutung entzieht, berappeln können. Wir uns von der MERKEL-ISLAMTSCHINA nicht. Die, nicht weniger verheerend, ist, Allahu-Akbar, für immer.
Dr. Frank Kretzschmar im März 2019
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